Die Berliner Mauer – Was heute von ihr verblieb
At a Glance hier einige Blickrichtungen auf die Berliner Mauer, die ich seit 2022 und fortlaufend bis heute festgehalten habe.
Die Berliner Mauer trennte vom 13. August 1961 bis zum 9. November Deutschland in zwei Teile, in denen sich in diesen 28 Jahren unterschiedliche Gesellschaften entwickelten. Sie umschloss auf einer Länge von 155 km Berlin, trennte die Stadt und unterbrach auch die Verbindungen West-Berlins zum Umland.
Die „Mauer“ bestand aus einem Sperrgebietskomplex, der aus einer Grenzmauer Richtung West-Berlin und einer so genannten Hinterlandsicherungsmauer Richtung Ost-Berlin. Dazwischen befand sich ein breiter Grenzstreifen mit Kolonnenweg, Kontroll- und Schutzstreifen, Beobachtungstürmen, Signalzaun- und Beleuchtungsanlagen sowie weiteren Sperrbefestigungen.
Zur Geschichte der Berliner Mauer gibt es unzählige Quellen, deshalb will ich mich hier nicht an einer Zusammenfassung versuchen. Ein Überblick findet sich zum Beispiel hier.
Für mich war das 28 Jahre Alltag. Den Ostteil der Stadt habe ich erst nach dem Mauerfall begonnen näher kennenzulernen. Inzwischen lebe ich im ehemaligen Ostteil der Stadt nahe an der heutigen Gedenkstätte Berliner Mauer. Sie erstreckt sich in der Bernauer Straße auf 1,4 km Länge über den ehemaligen Grenzstreifen.
An dem, was von der Berliner Mauer heute noch an der Bernauer Straße und an anderen Orten in Mitte und Prenzlauer Berg vorhanden ist, komme ich fast jeden Tag vorbei. Viel ist es nicht mehr, aber die Berliner Denkmalpflege konnte einige hundert Meter „Vorder-“ und „Hinterlandmauer“ und drei Wachtürme unter Denkmalschutz stellen. So bleibt zumindest ein Eindruck von den Grenzanlagen weiterhin erfahrbar.
Das Ziel meiner Blicke in diese Orte mit ihren Relikten der Geschichte war und ist keine Reportage. Die Geschichte der Berliner Mauer und der Umgang mit ihren Resten wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in Texten und Bildern trefflich dokumentiert.
Meine Fotografien zeigen, wie die Berliner Mauer sich heute – Jahrzehnte nach ihrem Fall – präsentiert und wie die Stadtgesellschaft von ihren Relikten Besitz ergriffen hat. Auch wenn manche der Bilder durchaus abbilden, was an den Orten ist.
Es geht mir ums Erspüren und Festhalten der Stimmungen die diese Mauer und ihr Umfeld, zu unterschiedlichen Tages – und Jahreszeiten in sich tragen… und um ihr So Sein im heutigen Alltag.
Wie nehmen wir die verbliebenen Reste der Berliner Mauer heute wahr und wie sind sie in die Stadtlandschaft von Berlin inzwischen integriert? Ich möchte mit meinen Bildern das Gefühl vermitteln, wie es sich heute nach 35 Jahren anfühlt an diesen Orten zu sein. Wie diese Orte nach 35 Jahren mit uns agieren und sprechen… und wie wir mit ihnen leben.
Was die Fotografie an diesem Ort anbelangt… natürlich ist es ein touristischer HotSpot. Natürlich geht da jeder hin, der Berlin besucht oder der motivisch interessante Orte in Berlin fotografieren will. Natürlich ist alles dort schon einmal fotografiert worden. Natürlich besteht die Gefahr, einfach nur abzubilden, wie es dort heute ausschaut.
Nichtsdestotrotz .. der Reiz des Geländes an der Bernauer Straße eröffnet sich insbesondere in den frühen Morgenstunden rund um den Sonnenaufgang im Osten und in den Abendstunden, wenn die Sonne im Westen hinter den Häusern an der Chaussestraße versinkt. Wenn die Touristen noch nicht oder schondicht mehr dort sind. Wenn die Spaziergänger mit ihren Hunden die Morgen- oder Abendrunde drehen. Wenn die Jogger dort ihre Strecken ablaufen. Dann bieten sich Szenen abseits der von parkenden Reisebussen besetzten Straßen und geführtem Gruppen bevölkerten Wege. Dann bieten sich Lichtmomente, die das Gelände und die Reste der Berliner Mauer je nach Jahreszeit anders in Szene setzen. Mitunter bringen sie sie zum Leuchten – wie auch die Scheinwerfer der Autos, Fahrradfahrer und Trams auf der bei Tag und Nacht belebten Bernauer Straße.
Und wie immer… Will be continued…
At a Glance here are some views of the Berlin Wall that I captured between 2022 and 2024.
From August 13, 1961 to November 9, the Berlin Wall divided Germany into two parts, in which different societies developed during these 28 years. It surrounded Berlin over a length of 155 km, separated the city and also interrupted West Berlin’s connections to the surrounding area.
The “Wall” consisted of a restricted area complex, which consisted of a border wall towards West Berlin and a so-called Hinterland security wall towards East Berlin. In between there was a wide border strip with a column path, control and protection strips, observation towers, signal fences and lighting systems as well as other barrier fortifications.
There are countless sources on the history of the Berlin Wall, so I won’t attempt a summary here. An overview can be found here, for example.
For me this was everyday life for 28 years. I only started to get to know the eastern part of the city better after the fall of the Berlin Wall. I now live in the former eastern part of the city, close to what is now the Berlin Wall Memorial. It extends 1.4 km along Bernauer Straße across the former border strip.
I pass what remains of the Berlin Wall on Bernauer Straße and other places in Mitte and Prenzlauer Berg almost every day. It’s not much anymore, but the Berlin monument preservation department was able to place a few hundred meters of „front“ and „back wall“ and three watchtowers under monument protection. At least an impression of the border facilities can still be experienced.
The aim of my look into these places with their relics of history was and is not a report. My photographs show how it presents itself today – decades after its fall – and how urban society has taken possession of its relics. Even if some of the pictures definitely show what is in the places. The history of the Berlin Wall and the treatment of its remains has been excellently documented in texts and images over the past decades.
For me it’s about sensing and capturing the moods that this wall and its surroundings carry at different times of day and year… and about how they exist in today’s everyday life. How do we perceive the remaining remnants of the Berlin Wall today and how are they now integrated into the urban landscape of Berlin?
With my pictures I want to convey the feeling of what it feels like to be in these places today after 35 years. How these places act and speak to us after 35 years… and how we live with them.
As for photography in this place… of course it is a tourist hotspot. Of course, everyone who visits Berlin or who wants to photograph interesting places in Berlin goes there. Of course everything there has been photographed before. Of course, there is a danger in simply depicting what it looks like there today.
Nevertheless… the charm of the area on Bernauer Strasse is particularly evident in the early morning hours around sunrise in the east and in the evening hours when the sun sinks behind the houses on Chaussestrasse in the west. When the tourists are not there yet or are already there. When the walkers do their morning or evening rounds with their dogs. When the joggers run their routes there. Then there are scenes away from the streets occupied by parked coaches and paths populated by guided groups. Then there are moments of light that present the area and the remains of the Berlin Wall differently depending on the season. Sometimes they make them shine – just like the headlights of cars, cyclists and trams on Bernauer Straße, which is busy day and night.
And as always… Will be continued…
Bernauer Straße – Gedenkstätte Berliner Mauer
An der Bernauer Straße, der Straße, die die Grenze zwischen Wedding (West) und Mitte (Ost) darstellte, befindet sich die offizielle Gedenkstätte zur Erinnerung an die Mauerzeit. Das Areal erstreckt sich über die Länge von 350 Metern und umfasst einen Hektar Fläche.
The official memorial commemorating the time of the Wall is located on Bernauer Straße, the street that formed the border between Wedding (West) and Mitte (East). The area extends over a length of 350 meters and covers one hectare.
Park am Nordbahnhof – Teil der Grenzanlagen
Der 5,5 Hektar große Park auf dem Gelände des ehemaligen Nordbahnhofs entstand, weil das Gebiet mit dem Bau der Berliner Mauer ab 1961 Teil der Grenzanlagen wurde. Das Gebiet war Teil der Hinterlandmauer und des Todesstreifens. Deren Verlauf ist heute durch eine Pflastersteinreihe gekennzeichnet.
Ab 1989 entwickelte sich auf dem ehemaligen Todesstreifen eine üppige Spontanvegetation, mit dem Ziel, dies „große Wiese am Nordbahnhof“ zu erhalten, fand 1995 ein städtebaulich-landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Parks statt, in dessen Folge nun seit 2019 der Park in seinem heutigen Aussehen eine Ruhezone mit Sport- und Spielgenheiten bietet.
Alle b&w Fotografien sind mit der Leica Q2 Monochrome aufgenommen.
The 5.5 hectare park on the site of the former Nordbahnhof was created because the area became part of the border fortifications with the construction of the Berlin Wall in 1961. The area was part of the hinterland wall and the death strip. Today its course is marked by a row of paving stones.
From 1989 onwards, lush spontaneous vegetation developed on the former death strip. With the aim of preserving this “large meadow at the Nordbahnhof”, an urban and landscape planning ideas competition to design the park took place in 1995, as a result of which the park has been in its current form since 2019 Appearance offers a quiet zone with sports and games.
All b&w photographs were taken with the Leica Q2 Monochrome.
S-Bahnhof Nordbahnhof
Der Nordbahnhof hieß bis 1950 Stettiner Fernbahnhof und war einer der Kopfbahnhöfe Berlins. Ab 1842 fuhren von hier Züge, später bis nach Vorpommern.
Er wurde in den 1960er Jahren – bis auf das Empfangsgebäude – abgerissen. Im Zuge des Mauerbaus wurde er geschlossen. Wir West-Berliner passierten ihn ohne Halt … Es war ein “Geisterbahnhof”, den ich als Kind unheimlich fand.
Nach dem Mauerfall wurde der S-Bahnhof Nordbahnhof denkmalgerecht saniert und wieder eröffnet.
The Nordbahnhof was called Stettiner Fernbahnhof until 1950 and was one of Berlin’s main train stations. From 1842 trains ran from here, later to Western Pomerania.
It was demolished in the 1960s – except for the reception building. It was closed during the construction of the wall. We West Berliners passed it without stopping… It was a “ghost station” that I found scary as a child.
After the fall of the Berlin Wall, the Nordbahnhof S-Bahn station was renovated and reopened.
Mauerpark – der ehemalige Mauerstreifen zwischen Wedding und Prenzlauer Berg
Der Mauerpark zwischen Wedding (ehemals West-Berlin) und Prenzlauer Berg (ehemals Ost-Berlin) war einmal Güterbahnhof für die Nordbahn und ab 1961 das Gelände des damaligen Mauerstreifens.
Heute ist die große Rasenfläche Szene-Treff und Anlaufziel für Sportler und Grillfreunde – und touristischer HotSpot. Der Flohmarkt an den Wochenenden ist legendär. Es gibt ein Amphitheater, sonnige Sitz- und Liegeplätze am Hang – und in der Nähe auch einen Kinderbauernhof.
An der Rückseite des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks steht nach wie vor noch ein 300 Meter langer Rest der Hinterlandmauer. Graffiti-Künstler präsentieren sich hier täglich mit ihren neuesten Arbeiten.
The Mauerpark between Wedding (formerly West Berlin) and Prenzlauer Berg (formerly East Berlin) was once a freight station for the Northern Railway and, from 1961, the site of what was then the Wall strip.
Today the large lawn is a trendy meeting place and destination for athletes and barbecue enthusiasts – and a tourist hotspot. The flea market on the weekends is legendary. There is an amphitheater, sunny seating and lounging areas on the slope – and a children’s farm nearby.
At the back of the Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark there is still a 300 meter long remnant of the hinterland wall. Graffiti artists present their latest work here every day.
Niederkirchner Straße – hier verlief ab 1948 die Grenze zwischen Ost-Berlin (Mitte) und West-Berlin (Kreuzberg). Ab 1961 stand hier die Berliner Mauer.
Die Grenzanlagen der Berliner Mauer liefen 1961-1989 von der Stresemannstraße durch die Niederkirchnerstraße in Richtung Checkpoint Charlie. An der Südseite der Niederkirchnerstraße ist ein rund 200 Meter langes, von “Mauerspechten” stark in Mitleidenschaft gezogenes Stück der “Grenzmauer 75” am originalen Standort erhalten. Es wurde 1990 unter Denkmalschutz gestellt.
Zwischen 1933 und 1945 befanden sich in der Niederkirchnerstraße in dem 1739 erbauten Prinz-Albrecht-Palais das Hauptquartier der Gestapo mit dem berüchtigten Gefängnis und das Reichssicherheitssamt. Im benachbarten Hotel Prinz Albrecht residierte die Reichsführung SS. Die Geschichte dieses Ortes dokumentiert heute die Ausstellung “Topographie des Terrors”.
Alle b&w Fotografien sind mit der Leica Q2 Monochrome aufgenommen.
From 1961 to 1989, the border fortifications of the Berlin Wall ran from Stresemannstrasse through Niederkirchnerstrasse towards Checkpoint Charlie. On the south side of Niederkirchnerstrasse, an approximately 200 meter long piece of “Border Wall 75” that has been severely affected by “wall woodpeckers” has been preserved at its original location. It was declared a listed building in 1990.
Between 1933 and 1945, the Gestapo headquarters with the notorious prison and the Reich Security Office were located on Niederkirchnerstrasse in the Prinz-Albrecht-Palais, built in 1739. The SS Reich leadership resided in the neighboring Hotel Prinz Albrecht. The history of this place is now documented in the exhibition “Topography of Terror”.
All b&w photographs were taken with the Leica Q2 Monochrome.
S-Bahnhof Bornholmer Straße – ehemaliger Grenzübergang
Der ehemalige Grenzübergang Bornholmer Straße war einer von sieben innerstädtischen Straßenübergänge. Nach der Abriegelung der Grenze erstreckte er sich von der Bösebrücke bis zur Malmöer Straße. Nur Bürger der Bundesrepublik Deutschland durften hier nach Ost-Berlin einreisen.
Am Abend des 9. November 1989 stand ich dort der Westseite mit Freunden in einer Menschenmenge … wir alle in Erwartung des weiteren Geschenks. Irgendwann wurde angesichts des Ansturms der Massen der Schlagbaum geöffnet. Ca. 20.000 Menschen konnten in den folgenden Stunden ohne Kontrolle die Bösebrücke passieren. In dieser Nacht war die Berliner Mauer gefallen.
The former Bornholmer Straße border crossing was one of seven inner-city road crossings. After the border was closed, it stretched from Bösebrücke to Malmöer Strasse. Only citizens of the Federal Republic of Germany were allowed to enter East Berlin.
On the evening of November 9, 1989, I stood there in a crowd on the west side with friends… all of us in anticipation of the next gift. At some point, in view of the onslaught of the masses, the barrier was opened. In the following hours, around 20,000 people were able to pass through the Bösebrücke without being checked. That night the Berlin Wall fell.